Food-Revolution 2010 - Jamie Oliver
Jamie Olivers Rede zur Verleihung des TED-Preises 2010
für seine Food Revolution
TED-Award 2010
für seine Food Revolution
TED-Award 2010
Jamie Oliver mischt US-Ernährung auf
Starkoch Jamie Oliver reiste quer durch die USA.
(Foto: dpa)
New York - Für die Quote ist es immer gut, zwei Welten aufeinanderprallen zu lassen. Doch was die Amerikaner derzeit bei ABC an Reality-TV zu sehen bekommen, ist mehr ein Krieg der Welten.
In «Jamie Oliver's Food Revolution» versucht der britische Starkoch, einer amerikanischen Stadt gesundes Essen beizubringen. Und der staunende Zuschauer erfährt etwas über übergewichtige Familien, die nur Goldgelbes essen, Pizza zum Frühstück und Grundschüler, die noch nie mit Messer und Gabel gegessen haben.
Das erste Bild sieht noch ganz normal aus. Die Kinder, sieben, acht Jahre alt, sitzen mit ihren Plastiktabletts und einem großen Stück Pizza darauf in der Schulspeisung. Dann kommt die Einblendung «7.40 Uhr - Frühstück». Oliver, Apostel des gesunden Essens im gern alles frittierenden Großbritannien, steht schockiert daneben. «Pizza zum Frühstück», fragt er bleich die Küchenfrauen, «bei uns in England gibt es das zum Mittag». Die zucken mit den Schultern: «Bei uns auch. Morgen gibt es die Pizza zum Mittag.»
Die USA sind ein stark übergewichtiges Land. Das gilt mehr und mehr auch für die meisten europäischen Staaten, aber Amerika ist da schon weiter. Je ländlicher, je südlicher, je ärmer, desto mehr Fleisch wird gegessen, Essen frittiert, Gemüse ignoriert und desto mehr Fett wabbelt auf den Hüften. Den Höhepunkt bildet laut einer Regierungsstudie die Stadt Huntington im Staat West Virginia: Mehr als 45 Prozent der Erwachsenen sind übergewichtig, jeder siebte hat Diabetes, die Hälfte der 65-Jährigen keinen eigenen Zahn mehr im Mund. Nur die Spitze des Eisbergs in einer Region, in der es Eiscreme im 1,5-Gallonen-Eimer (5,7 Liter) gibt und «Baconnaise», Mayonnaise mit Speckgeschmack.
«Du spielst mit dem Leben Deiner Kinder», sagt Oliver zu einer Mutter - genau wie Mann und drei Kinder hat sie weit mehr als das Normalgewicht. Ein Versuch zeigt, warum: Der große Tisch reicht nicht, um die Mengen an Pizza, Pommes Frittes, Nachos und Fettgebackenem aufzunehmen, die die fünf in einer Woche essen. Der Herd bleibt kalt, praktisch alles kommt aus der Familienfritteuse. «Ist alles, was Ihr esst, goldgelb?», fragt Oliver zweifelnd. Die Frau nickt und bricht in Tränen aus, als der Engländer ihr erklärt, dass sie mit dieser Ernährung ihren Kindern 12, 14 Jahre ihrer Lebenserwartung raube. «Wir erleben die erste Generation, die nicht so alt wird wie ihre Eltern. Alles wegen dieses Essens!» Gemeinsam wird die Fritteuse feierlich bestattet und der Kühlschrank mit Gemüse gefüllt. Als Oliver ein paar Tage später wiederkommt, ist kaum etwas angerührt.
Ein begabter, aber arroganter Brite trifft auf das vielleicht unbelehrbarste Volk der Welt. «Warum gibt es eigentlich nur Finger Food? Wo ist das Besteck?», fragt er die Küchenfrauen. Die können die Frage nicht fassen. «Wir sind eine Grundschule! Die ältesten Kinder sind gerade zehn!», sagt eine entsetzt. Was da alles passieren könne. Oliver sagt, dass in Europa selbst im Kindergarten der Umgang mit Besteck geübt werde. Schweigen bei den Küchenfrauen. Dann fragt eine voller Unglauben und Hohn: «Gibt es da Nachweise für?»
Das Unwissen der Grundschüler erschreckt Oliver; nicht nur beim Experiment mit dem Besteck, das kaum einer richtig zu benutzen weiß. Keiner erkennt eine Tomate, bei der Kartoffel herrscht Schweigen. «French fries», rufen dagegen alle im Chor, als er ein Pommes frites hochhält. «Das da macht man daraus», sagt er und zeigt die Kartoffel dazu. Ungläubiges Staunen.
Dann ekelt der Koch die Kinder mit Hühnerabfällen. Er püriert und paniert die Knochen, Knorpel und Fett und zaubert so Hühnernuggets. «Na, wollt Ihr jetzt immer noch Chicken Nuggets essen?», fragt er selbstbewusst. Die Kinder, eben noch angewidert, überlegen keine Sekunde: Alle Finger gehen hoch.
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