NANNI - nach der Auswilderung eingezogenDiesen Beitrag schreibe ich zum Mutmachen für alle, die vielleicht einer scheuen Katze eine Chance geben würden, aber sich bislang noch nicht so richtig trau(t)en.
Im Juni 2006 habe ich zwei halbwilde Katzenmamas mit Babies in Pflege genommen, damit sie ihre Babies hier aufziehen und danach kastriert und wieder ausgewildert werden können. Bis dahin hatten sie sich regelmäßig am anderen Ende des Dorfes von einem Tierfreund füttern aber keinesfalls anfassen lassen. Auch die Gefangenschaft fanden sie echt
- ich mußte schon aufpassen, daß ich die Damen füttern durfte ohne Kratzspuren davonzutragen.
Nach 6 Wochen wurden die Babies eins nach dem anderen vermittelt, dann ließ ich die beiden Kratzbürsten kastrieren, tätowieren, impfen etc. und brachte sie an ihren Herkunftsort zurück, wo sie für einige Tage eingesperrt blieben, damit der Bauchschnitt sauber heilen konnte.
Etwa 1 Woche später fütterte ich frühmorgens auf dem Treppenabsatz vor meiner Haustüre noch etwas schlaftrunken meine 7 Katzen und registrierte verblüfft statt meiner 2 plötzlich 3 Grautiger! Nachdem ich mir den Schlaf aus den Augen gerieben hatte, kam mir die Katze recht bekannt vor, und sie hatte noch verräterisch grüne Ohren! Da war das kleine, wochenlang fauchende Mistbiest tatsächlich nach ihrer Freilassung schnurstracks aufgebrochen und
an den Ort ihrer Gefangenschaft zurückgekehrt - und das obwohl ich auch zwei große Hunde habe! Ich fühlte mich durchaus geschmeichelt und fügte mich in Nannis Entscheidung.
Nun ist sie also seit ca. 1 Monat hier, zu jeder Mahlzeit (bzw. dem Geräusch von TroFu oder ploppenden Dosen) eilt sie herbei. Offenbar hat sie sich in meinem Keller und dem Holzschuppen wohnlich eingerichtet. Ich habe ein Metall-Kindergitter in der Haustür, damit die Hunde nicht ein- und ausgehen können wie sie wollen. Nanni hatte flugs gelernt, daß ich ihr nicht zu nahe kommen kann, wenn das Gitter "Klack" zugeschnappt ist. Anfangs flitzte sie die Treppenstufen sofort wieder runter, wenn ich das Gitter öffnete. Wenige Tage später durfte ich schon neben ihr stehen, während sie futterte, dann durfte ich auch mal auf der Haustürstufe sitzen, wenn ich mich nicht hastig bewegte.
Als ich sie das erste Mal anfaßte, suchte sie sofort das Weite, doch mit meinen Katzen schmuste sie inzwischen. Ohne sie zu bedrängen, berührte ich sie einfach beim Füttern immer mal wieder am Rücken, und irgendwann merkte sie erschrocken, daß es ihr gefiel
. Zwar sah sie sich manchmal drohend nach meiner Hand um oder hob auch mal die Pfote ("Gleich gibt's Kloppe"); dann zog ich mich sofort zurück - bis zur nächsten Fütterung...
Nach 3 Wochen blieb ich vor Verblüffung wie angewurzelt stehen, als ich mit dem Auto in den Hof gefahren war und nicht nur (wie gewohnt) von Nelly, Finn & Mikesh abgeholt wurde, sondern auch von Nanni, die mir freudig entgegeneilte! Vor 2 Tagen stellte ich das Futter abends statt vor die Haustüre einfach mal bei offener Tür ins Haus hinein. Und sie traute sich!!! Während 2 x 30 kg Hund in 2 Meter Entfernung zuschauten, schlug Nani sich ungerührt den Bauch voll. Inzwischen - nur weitere 2 Tage später! - darf ich sie beim Füttern anfassen und kräftig streicheln und massieren, und sie schnurrt sich den Wolf
.
Da ich mich auch in Zukunft nach Nannis Mut und Tempo richten werde und ohne Erwartungen gelassen zuschaue, wie ihr Vertrauen wächst und sie mir freiwillig immer näher kommt, wird es wohl nicht mehr allzu lange dauern (Hauptsache vorm Winter!), bis sie ins Haus einzieht und auch das restliche Mißtrauen verliert.
Also Leute, traut Euch! Was soll schon Schlimmes passieren?
Liebe Grüße,
Sabine
Verfasst am: 31.Aug.06 für "Notfallkatzen.de"
Nachtrag Nov.08: Nanni wurde später von einem mutigen Katzenfreund "gefangen genommen" und mit einer ebenfalls (nicht ganz so) scheuen Mitkatze erstmals an eine Wohnung gewöhnt. Zwar war der Futternapf regelmäßig leer und das Katzenklo regelmäßig voll, aber es dauerte Wochen, bis der Wohnungsinhaber Nanni das erste Mal ungetarnt zu Gesicht bekam. Nach weiteren Wochen saß sie auf seiner Bettkante und beobachtete ihn beim Schlafen. Als sie endlich zutraulich genug war, daß man an Freigang denken konnte, hatte Nanni dazu gar keine Lust: Sie saß tagelang in der offenen Terrassentür und verzichtete sicherheitshalber darauf die gemütliche Wohnung zu verlassen. Erst als sie begriffen hatte, daß sie jederzeit wieder Einlaß findet, traute sie sich in den Garten und ist inzwischen längst eine
"ganz normale" Freigängerin geworden!
© Sabine Roskoss
ADOP-Tiervermittlung
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